Gehörst du zu den vielen Menschen, die ihre Aufgaben immer perfekt erledigen wollen? Dann bist du wahrscheinlich in die Perfektionismus-Falle getappt. Perfektionismus kann dich bremsen, unzufrieden machen und viel Zeit kosten.
Gewöhne dich für die kommenden Monate doch einmal daran, nach dem GSP-Prinzip zu arbeiten – das heißt, deine Aufgaben gut statt perfekt zu erledigen. Wie das geht, erfährst du hier.
Der Versuch, jede Arbeit bis ins letzte Detail perfekt zu machen, ist nicht nur einer der größten Zeitfresser, sondern kostet dich auch Gelassenheit und Selbstvertrauen. Gehört es zu deinem Alltag, dass du alles perfekt erledigen musst und nichts freigibst, ohne es mehrmals gründlich geprüft zu haben? Dann solltest du deinen Perfektionsanspruch überdenken und lernen, gut statt perfekt zu arbeiten, indem du dir realistische Qualitätsstandards setzt.
Das GSP-Prinzip (gut statt perfekt) bedeutet: Löse dich von deinem Anspruch, alles perfekt zu machen, und sei zufrieden, wenn du etwas gut erledigt hast. Die Vorteile liegen auf der Hand: Du erledigst deine Aufgaben schneller, bist zufriedener mit dir und hast mehr Zeit für andere wichtige Dinge.
Ab einem bestimmten Punkt stehen weder die Kosten noch der Zeitaufwand in einem vernünftigen Verhältnis zum möglicherweise perfekten Ergebnis. Wenn du zum Beispiel für ein kurzes Protokoll einen halben Tag brauchst, heißt das noch lange nicht, dass dein Ergebnis den Wert eines halben Arbeitstags hat. Hier sind fünf praktische Regeln, mit deren Hilfe du Perfektionismus-Fallen umgehen kannst, ohne deinen Leistungsanspruch zu vernachlässigen.
Falle 1: Du bist überpünktlich
Eine Viertelstunde früher als verabredet zu einem Termin zu erscheinen und nicht zu wissen, wie du dich bis dahin sinnvoll beschäftigen sollst, ist reine Zeitverschwendung. Gehe deine Termine entspannter an. Zwinge dich dazu, pünktlich zu sein – das wird von dir erwartet. Vermeide jedoch Überpünktlichkeit: Niemand dankt es dir – nicht einmal du selbst!
Falle 2: Du hältst zu viel Ordnung
Wenn du viel Zeit mit dem Aufräumen deines Schreibtisches verbringst, überlege, ob das wirklich nötig ist. Schränke diese Tätigkeit ein und lege eine bestimmte Zeit dafür fest, zum Beispiel zehn Minuten täglich. Halte dich daran! Erlaube dir ruhig etwas Unordnung. Es reicht, wenn du am Ende deines Arbeitstags deinen Schreibtisch aufräumst.
Falle 3: Du bist übertrieben pflichtbewusst
Glaubst du, alles müsse hundertprozentig erledigt werden – am besten von dir selbst? Dafür nimmst du auch längere Arbeitszeiten in Kauf? Denke um! Lass ruhig mal die sprichwörtlichen „fünf gerade sein“. Delegiere guten Gewissens und verlasse dich auf deine Kollegen, denn auch sie sind qualifiziert. Kontrolliere, aber nicht ständig! Zu viele Kontrollen führen zu Verunsicherung und stören mehr, als sie zum Erfolg beitragen.
Falle 4: Du träumst von Fehlerfreiheit
Wo viel gearbeitet wird, entstehen auch Fehler. Akzeptiere dies, statt zwanghaft zu versuchen, deine Arbeit fehlerfrei zu erledigen. Trainiere den Grundsatz erfolgreicher Menschen: Fehler kann man machen, aber man darf sie nicht wiederholen – aus Fehlern kann man lernen. Blicke auf das Gesamtbild: Was bedeutet ein Fehler im Rahmen all deiner Leistungen und Erfolge?
Falle 5: Du bringst mehr Leistung als erforderlich
Erbringe nur wirklich geforderte Leistungen. Fühle dich nicht für Aufgaben zuständig, für die du nicht in der Pflicht stehst. Verlasse dich auf dein funktionierendes Team und nutze deine Zeit sinnvoll für eigene Projekte.
Arbeitsbereiche auf „gut“ umstellen: Gib dir konkrete Bearbeitungsregeln vor
Überlege dir vor der Bearbeitung einer Aufgabe genau: Was ist das Ziel? Maximale Qualität oder eher Schnelligkeit? Nimm dir ein paar deiner Aufgabenbereiche vor und plane konkrete Veränderungen ein.
Beispiel Korrespondenz: Verzichte auf lange Antwortbriefe. Lange Briefe kosten Zeit und ermuntern den Empfänger, ebenfalls ausführlich zu antworten. Antworte stattdessen schnell und kurz:
- Schicke deine handschriftliche Antwort auf dem (gescannten) Originalbrief per E-Mail zurück. Schnelligkeit schlägt in fast allen Fällen die Form!
- Nutze E-Mails, wann immer es sinnvoll ist, und komme sofort zur Sache.
- Lies E-Mails nicht Korrektur, sondern bemühe dich direkt beim Schreiben um Fehlerfreiheit.
- Erstelle Muster-Antworten für häufige Anfragen, die du mit einem freundlichen Satz ergänzen kannst.
- Spare dir den Feinschliff. Mach dir immer das Kosten-Nutzen-Verhältnis deiner Arbeit klar: Lohnt es sich, deine Zeit für minimale Optimierungen zu verwenden?
- Bewerte die Form nicht zu hoch. Meist ist es nebensächlich, ob ein Brief perfekt auf der Seite steht. Auch das Feilen am sprachlichen Ausdruck gehört zur Form!
Achtung: Perfektionismus als Vorwand!
Perfektionistisches Verhalten droht auch Nicht-Perfektionisten, wenn es benutzt wird, um Aufgaben aufzuschieben. Setze dir Regeln. Erkenne, wann Detailarbeit nur Zeit schindet, und greife sofort ein. Mach eine kurze Pause, atme tief durch und nimm dir eine der aufgeschobenen Aufgaben vor.
Konkrete Bearbeitungsregeln bewahren dich vor perfektionistischer Kosmetik. Gehe deine Aufgabenbereiche durch und überlege, wo du das GSP-Prinzip anwenden kannst.
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Als Stresspräventionstrainerin und Diplom-Betriebswirtin mit 30 Berufserfahrung unterstütze ich als Trainerin, Beraterin & Coach in Präsenz & online zu Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Resilienz, Stressprävention, Selbstorganisation & Zeitmanagement. Seit 2014 Trainerin der Haufe Akademie.
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